Der Landschaftsraum als Ausgangspunkt
Vor dem Hintergrund, dass sich Eckernförde mit dem neuen Wohngebiet Domsland in den Landschaftsraum erweitert und ein neuer Übergang von Stadt zu Landschaft formuliert werden muss, geht dem städtebaulichen Entwurf eine Auseinandersetzung mit dem vorgefundenen Landschaftsraum voraus.
Der Erhalt und die Weiterentwicklung wesentlicher Elemente der Kulturlandschaft wie Knicke, Waldstücke und der Topographie bedingen, dass der neue Stadtraum sich in die bestehende Landschaft einfügt. Siedlungsraum und Landschaft treten in einen Dialog und die Stadt zeigt sich an ihren Rändern durchlässig zur Landschaft.
Nur mit diesem Ansatz ist es möglich, einen Stadtraum zu schaffen, der sich aus dem Ort entwickelt und dem bereits ein Stück regionaler Identität gegeben ist. Die Wahrung wertvoller Landschaftselemente ist die Voraussetzung für einen identitätsstiftenden und ökologisch nachhaltigen Stadtteil.
Diese Herangehensweise bedingt auch, dass der freiraumplanerische Entwurf dem städtebaulichen Entwurf voraus geht! Die drei Waldstücke und Kleingewässer werden Teil einer zusammenhängenden natürlichen Parklandschaft. Die Knicke bilden auch zukünftig die natürlichen und geschützten Grenzen zu Domsland I und zum Landschaftsraum im Westen und die vorgefundene Topographie ist Ausgangspunkt für die städtebaulichen Setzungen.
Parklandschaft
An den Rändern und mit einem mittigen Grünzug bettet eine natürliche Parklandschaft aus weiten Wiesenräumen und Gehölzgruppen den neuen Siedlungsraum ein. Der Topographie folgend durchziehen geschwungene Parkwege den Grünraum und erschließen eingestreute Sport- und Spielplätze sowie Aufenthalts- und Aussichtspunkte. Innerhalb der Bebauung, rückwärtig zu den privaten Gartenräumen zeigt sich die Parklandschaft mit halböffentlichen Streuobstwiesen. Hier können sich Anwohner begegnen, gemeinsam Obst ernten und die Kinder zum Spiel zusammenfinden. Die öffentlichen Parkwege verknüpfen den Stadtteil auf einer weiteren Ebene, bieten Rundwege im Quartier und binden an den angrenzenden Landschaftsraum an. Insbesondere der von Feldhecken und Großbäumen gesäumte Wirtschaftsweg im Westen bietet attraktive Ausblicke auf die leicht modellierte Feldlandschaft und die Waldgebiete Wohld und den Friedensthaler Wald.
Der Topographie folgend sind drei Retentionsräume als Kleingewässer in die Parklandschaft eingefügt. Sie nehmen als Vorflut das aus dem Siedlungsraum gesammelte Regenwasser auf und lassen es auf natürliche Weise vor Ort versickern. Gleichzeitig sind die Gewässer attraktive Anziehungspunkte im Parkraum und bieten mit kleinen Aufenthaltsplätzen und Stegen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zu allen Jahreszeiten sowie ein gleichzeitiges Naturerleben.
Während der freiraumplanerische Entwurf im Westen zur Landschaft und im Osten zu Domsland I einen natürlich gestalteten Übergang sucht, kennzeichnet er im Süden zur B 203 den Stadteingang von Eckernförde. Architektonisch gesetzte Baumreihen markieren die Zugänge und fassen den neuen Stadtteil Domsland II an dieser Stelle. Zwischen den seitlichen Eintrittsplätzen und der mittigen Zufahrt werden die Baumreihen auf einem erhöhten Lärmschutzwall geführt und begleiten hier den Domsland II umlaufenden Rundweg. Nach Eckernförde kommend oder den Stadtraum verlassend, soll der Übergang von Stadt- und Landschaftsraum erlebbar werden.
Straßenräume
Der neue Stadtteil Domsland II ist zentral von der B 203 erschlossen. Eine Haupterschließungsstraße führt über den höchsten Punkt im Plangebiet und findet hier in einem grünen Quartiersplatz ihren Mittelpunkt. Der Straßenraum mit einer mittleren Fahrbahn von 5,5m ist im Wechsel von einem Parkstreifen oder einer Entwässerungsmulde begleitet, so dass sich die Fußgänger abgeschirmt vom Verkehr bewegen können. Straßenbäume sind locker und im Wechsel entlang der Straße angeordnet.
Der grüne Quartiersplatz versteht sich als selbstverständlicher und unaufgeregter Mittelpunkt des neuen Stadtteils. Er befindet sich in dem Grüngurt, der von Westen nach Osten an das Domsland I anknüpft und die beiden Wohnquartiere parkähnlich verbindet. Der Platz wird von der Kindertagesstätte und gegenüberliegend von einem Stadtteilhaus gefasst. Das Stadtteilhaus mit betreutem Wohnen, Gemeinschaftsräumen, Co-Working-Bereichen und vielleicht einem Ladengeschäft, einer Paketstation oder sogar einem Stadtteil-Café sollte flexibel auf veränderliche Nutzungsansprüche reagieren können. Die Platzfläche spiegelt den Ansatz des neuen Quartiers wider. Belagsflächen und Pflanzflächen wechseln sich ab, ein Solitärbaum und Bänke bieten eine beschauliche Aufenthaltsqualität für die Anwohner und Besucher von Domsland II.
Die Haupterschließungsstraße als verkehrliches Rückgrat erschließt zwei Ringstraßen nördlich und südlich des Grüngurts, die als verkehrsberuhigte Anwohnerstraßen konzipiert sind. Eine mittige Fahrbahn von 4,8m wird im Wechsel von einer Entwässerungsmulde und vereinzelt gesetzten Bäumen und einem gegenüberliegenden Fußweg begleitet. Die Straße ist gleichzeitig verkehrsberuhigend Parkraum und kann mit dem Charakter einer Spielstraße von Fußgängern und Kindern zum Spielen genutzt werden.
Innerhalb der Ringstraßen sind nachgeordnete autofreie Erschließungswege eingefügt. Hier nutzen Fußgänger und temporär PKW´s gemeinsam eine Fahr- und Laufspur mit einer Breite von 3,5m. Für diese autofreien Wohnquartiere sind an den Köpfen Sammelparkplätze unterhalb der Geschosswohnungen angeordnet und die Erschließungswege werden nur kurzzeitig für das individuelle Be- und Entladen sowie von der Müllabfuhr oder Rettungsfahrzeugen befahren.
Stadtquartiere und Typologien
Domsland II gliedert sich von Süden nach Norden in zwei Quartiersbereiche, die über eine mittige Grünzone miteinander verbunden sind. Die Erschließung erfolgt über die Haupterschließungsstraße die von der Bundesstraße mäandrierend von Süden nach Norden verläuft.
Die Quartiere innerhalb der an die Erschließungsachse anschließenden Ringstraßen sind so konzipiert, dass der Verkehr von außen nach innen abnimmt und auf diese Weise in der Mittelzone der beiden Quartiersbereiche Wohnräume entwickelt werden, die Menschen mit einem hohen ökologischen Bewusstsein vorbehalten sind, die besonders Wert legen auf Ruhe und eine kindgerechte Umgebung.
Ruhender PKW- Verkehr ist hier nicht vorgesehen und es wird vorgeschlagen, die erforderliche PKW, die ggf. auch als Carsharing-Modell angeboten werden können, zentral unterhalb zweier Geschosswohnungsbauten an der Haupterschließungsstraße anzuordnen. Alternativ ist auch denkbar, je Quartier ein zweigeschossiges Parkhaus in Gestalt einer Scheune anzubieten.
Es entstehen insgesamt ca. 440 Wohneinheiten, eine Kita und Gemeinschaftsflächen unterhalb zweier Geschosswohnungsbauten sowie ein Gemeinschaftsgebäude für vielfältige Nutzungen am nördlichen Ende des Quartiers im Zusammenhang mit den Grünflächen.
Zusammen mit der zentral und am höchsten Punkt angesiedelten Kita verfügt die südliche Quartiersfläche mit knapp 270 Wohnungen über etwa 60% der Wohneinheiten, der nördliche Bereich liegt mit ca. 170 Wohneieinheiten bei 40% der gesamten Wohnflächen.
Im Sinne der Aufgabenstellung, eine große Vielfalt an Wohnformen zu entwickeln, verfügt der Entwurf über insgesamt 7 verschiedene Gebäudetypologien, vom kompakten Einfamilienhaus bis zum Generationenhaus auf drei Geschossebenen mit bis zu 12 Wohneinheiten.
Letztere sind jeweils zentral und beidseitig der Haupterschließungsstraße angeordnet, sollen sie doch auch teilweise gemeinschaftlich zu nutzende Funktionen, wie Läden, Cafés und Co-Working aufnehmen und gleichzeitig den älter werdenden Anwohnern die Möglichkeit geben, nach Aufgabe ihrer Einfamilienhauses innerhalb des Stadtquartiers wohnen bleiben zu können.
Innerhalb der Ringstraßen variieren zwei unterschiedliche Typen von Reihenhäusern und Doppelhäusern in unterschiedlicher Parzellengröße. Die Flächen zwischen den einzelnen Parzellen werden als gemeinschaftlich nutzbare Streuobstwiesen vorgeschlagen, in denen Fuß- und Radwege vielfältige Verbindungen der Quartiersräume bis hin zu den Retentions- Grün- und Spielflächen schaffen.
Alle Wohneinheiten erhalten eine Ost- Westausrichtung, im Übergang zu den inneren und äußeren Grünflächen werden die Einfamilienhäuser und Kettenhäuser mit Ausrichtung nach Süden oder Westen vorgeschlagen.
Die Gebäudeformen sind angelehnt an die Bebauung in Domsland I und bestehen überwiegend aus zweigeschossigen Satteldachformen mit unterschiedlicher Dachneigung.
Die Reihen- und Kettenhäuser an den autofreien Erschließungswegen werden als in ökologisch hochwertige Bauformen mit Gründächern vorgeschlagen. Die sonstigen Reihen- und Kettenhäuser erhalten Ziegelfassaden und können in massiver oder hybrider Bauweise errichtet werden.
Im Sinne der Aufgabenstellung entsteht ein individuelles Quartier mit einem vielfältigen Mix an unterschiedlichen Wohnformen und einer Vielfalt an gemeinschaftlich nutzbaren grünen und naturnahen Zwischenräumen.
TGP Landschaftsarchitekten + Steinwender Hermosilla Architekten, August 2021